Jurybegründung

 

Der Straelener Übersetzerpreis 2022 der Kunststiftung NRW geht an Dr. Adan Kovacsics, geboren 1953 in Santiago de Chile, einen Kulturnomaden ungarischer Herkunft, der in Wien studiert hat und seit 1980 bei Barcelona lebt. Er bezeichnet sich selbst als „Mitteleuropäer, der auf Spanisch schreibt“. Mit diesem Preis würdigt die Jury die außergewöhnliche Lebensleistung eines Übersetzers, der wichtige Autoren und Autorinnen des 20. Jahrhunderts, besonders der österreichischen Literatur, einem spanischsprachigen Publikum zugänglich gemacht hat, darunter Franz Grillparzer, Hugo von Hofmannsthal, Karl Kraus, Arthur Schnitzler, Franz Kafka, Ödön von Horváth, Joseph Roth, Stefan Zweig, Elias Canetti, Victor Klemperer, Heimito von Doderer, Jean Améry, Ilse Aichinger und Ingeborg Bachmann.

Kovacsics‘ Übersetzungen zeichnen sich durch stilistische Eleganz, sprachliche Schönheit und außerordentliche philologische Sorgfalt aus. Seine brillanten Übertragungen des Sprachkünstlers Karl Kraus stehen exemplarisch für seine Arbeiten. Die Übersetzung von Die letzten Tage der Menschheit zeigt, dass ein sprachlich und kulturspezifisch kompliziertes Werk in einer anderen Sprache seinen künstlerischen Charakter beibehalten kann. Mit seiner bemerkenswerten Auswahl aus Beiträgen der Fackel erweist sich Adan Kovacsics ebenfalls als kongenialer Interpret von Kraus, weil er dessen Pathos, seine Nuancen, seine satirische Form und komischen Wortspiele zur Geltung bringen kann und ihnen so nahe wie möglich bleibt. Ausgehend von der übersetzerischen Beschäftigung mit Karl Kraus hat Adan Kovacsics eigene Bücher veröffentlicht, darunter Guerra y lenguaje (Barcelona, 2008) und Karl Kraus en los últimos días de la humanidad (Santiago de Chile, 2015).

Dr. Adan Kovacsics wurde mit dem Österreichischen Staatspreis und dem Spanischen Nationalpreis für Übersetzung ausgezeichnet. Seit 2021 ist er Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.