Literaturpreis der Kunststiftung NRW - Straelener Übersetzerpreis 2003

Der Übersetzerpreis 2003 der Kunststiftung NRW wird auf Beschluß der Jury zu gleichen Teilen an Bernhard Robben (Brunne/Brandenburg) und Christa Schuenke (Berlin) vergeben.

Bernhard Robben erhielt den Preis für die Übersetzung des Werkes "Abbitte" von Ian McEwan (lDiogenes Verlag), Christa Schuenke für die Übersetzung des Werkes "Pierre" von Herman Melville (Hanser Verlag). Beide Übersetzer werden zugleich für ihr umfangreiches Übersetzerisches Gesamtwerk geehrt.

“Übersetzungen von der Qualität, wie sie aus der Werkstatt Bernhard Robbens kommen, sind auf dem Buchmarkt nichts Selbstverständliches. Robben weiss, dass es beim Übersetzen nicht um eine gefällige Form des Vermittelns von Inhalten geht, sondern um Sprache, um das Wort. Da sucht er Nähe und stellt sie her. Er hat mit McEwans Roman Abbitte, um den es hier heute geht, ein literarisches Werk adäquat übersetzt, und adäquat heisst in diesem Fall brillant.”, so der Laudator Helmut Frielinghaus.

“Wenn massive Sprachregelungen mit politischem Hintergrund die Sprache beherrschen, wird die Literatur zum wahren Hort der Freiheit. Die englischen Klassiker waren für Christa Schuenke ein Bereich, der noch nicht von der manipulierten Alltagssprache infiziert war - hier konnte sie ihren eigenen Stil entfalten, ein anderes Deutsch prägen. Sie war zu Gast in einer fremden Welt - in einer Sprachwelt, versteht sich - und fand dort vielleicht ihre eigentliche Heimat. Diesen Ort hat sie bis heute nicht verlassen, und ich wünsche ihr, dass sie noch viele Baumschriftsteller dorthin verpflanzt. Christa Schuenkes preisgekrönte Übersetzung des Pierre besitzt das höchste Gut: Anmut und Erhabenheit.”, so die Laudatorin Dr. Maike Albath.

Die Preisverleihung erfolgte am 10. Juli 2003 im Europäischen Übersetzer-Kollegium.

Der Jury gehörten Irmela Brender, Joachim Meinert, Helga Pfetsch, Maja Pflug und Thomas Reschke an.

Aus der Begründung der Jury

Bernhard Robben:

Bernhard Robben ist es gelungen, den anspruchsvollen Roman des zeitgenössischen englischen Autors Ian McEwan in eine in jeder Hinsicht adäquate, leicht zu lesende deutsche Fassung umzusetzen.Die vielschichtige Struktur, der psychologische und sprachliche Assoziationsraum des Originals bleiben immer erkennbar.Bernhard Robben nutzt den ganzen Reichtum des Deutschen, um das Original in einer unverkrampften, fein abgestuften Sprache nachzuschaffen, die einen großen Lesegenuß bietet.

Christa Schuenke:

Christa Schuenke eröffnet dem deutschen Leser mit ihrer ersten modernen Übersetzung des Romans "Pierre oder Die Doppeldeutigkeiten" den Zugang zu diesem eigenartigen, vieldeutigen und widersprüchlichen, auch umstrittenen Spätwerk des amerikanischen Klassikers Herman Melville. Es gelingt ihr, sowohl die stark rhetorisch geprägten als auch die eher lyrischen Passagen des Originals mit seinen suggestiven Wortschöpfungen, seiner kühnen, sperrigen Bildersprache und dem oft labyrinthischen Satzbau ohne stilistische Glättung und Entschärfung adäquat wiederzugeben und damit Charakter und Wirkung des Werkes genau nachzubilden.Dabei schafft sie mit behutsamen Anklängen an historische Sprachmuster die äußerst schwierige Balance zwischen der Sprachebene der Entstehungszeit und modernem Deutsch.